Vor langer, langer Zeit machten sich Menschen aus dem Westen auf die Reise nach Mittelland, um dort die Gegend gegen die Übergriffe aus dem Osten und damit ihr Reich zu schützen. An ihrer Spitze war ein gewisser Luitpold, ein Verwandter seines Kaisers aus einem Städtchen namens Bamberg, der sich auf die ungewisse Reise machte und auf seinem Weg Mitglieder des Stammes der Bajuwaren zum Mitmachen überreden konnte. Sie kamen in ein wunderschönes Land, das sie Ostarrichi nannten, oder schon vorher so geheißen hat. Sie schlugen dort ihre Zelte auf und ließen es sich bei Most und Speck gut gehen. Die Kunde von diesem schönen Platz verbreitete sich sehr rasch und es kamen immer mehr nach, so dass der Platz bald zu eng wurde und sie weiter gen Osten zogen. Bald waren sie an der Eisenburg angelangt, auf der ein grimmiger Burgherr aus dem Osten herrschte. Die Burg lag auf einem steilen Felsen und schien uneinnehmbar. Wäre da nicht ein Bergsteiger gewesen, der sich in ein Burgfräulein verliebt hatte. Er überredete seine Liebste, ihm die Hintertür zu öffnen und flugs war die Burg Melk eingenommen.
Die Nachfahren des obigen Luitpold zogen immer weiter nach Osten. In seinem Schlepptau zog er auch sogenannte Glaubensmänner, Mönche nach, die für die weitere Besiedelung, Rodung und Bewirtschaftung zuständig waren. Als Beweis ihrer Überzeugung trugen sie kreuzförmig genagelte Holzgestelle mit sich, auf denen ein Mensch aufgenagelt war. Eine bis heute weltweit verwendete Abbildung, aber Menschen kann man damit noch immer erschrecken und in Bann halten. Deren Leitspruch lautete: Bete und arbeite. Vor allem das Arbeiten gefiel dem Anführer und so schenkte er ihnen Land, das sie urbar machen sollten und dafür ihren Besitz in die Urbare eintragen lassen konnten.
Besonders hervor tat sich eine Gruppe namens Zisterzienser. Sie waren eine Filialfirma, die sich besonders gut im Holzhacken auskannte. Einige Gruppen wurden Richtung Süden ins Gebirge geschickt, dort wo heute Lilienfeld und Heiligenkreuz stehen, andere wieder in den Norden, in den dichten Wald rund um Zwettl. Die Stammfirma blieb lieber in den Niederungen, dort wo der Wein wuchs. Es war ein Branden und Roden, dass einem noch heute das Herz vor Freude übergeht. Die Ortsnamen Reith, Brand, Gschwendt, Schlag und alle die darauf enden, stammen aus dieser Zeit.
Die Nachfahren dieses Luitpold zogen immer weiter nach Osten und kamen dann an einen kahlen Berg. Der dritte Poldl holte sich dann nach dem Tod seiner ersten Frau eine gewisse Agnes aus der alten Heimat, die wie zufällig auch wieder Tochter des Kaisers war nach und heiratete sie. „Tu felix Austria nube“ stammt also nicht erst von den Habsburgern, das ist ein sehr alter Brauch. Bei der Hochzeitreise eben auf diesen Berg riss ihr ein Windstoß den Schleier vom Kopf und trug ihn hinunter in die Au. Nach Jahren fand der Poldl bei einer Jagd in den Auen an der Donau dieses Tuch, das noch nicht vermodert war (Nylon?) und baute dort eine neue Burg. Eine Burg ohne Kloster ist natürlich eine halbe Sache, darum auch gleich die Mönche nach und so entstand Klosterneuburg. In der Au waren natürlich auch schon damals viele Gelsen und ganz nahe lag Vindobona, das schon die alten Römer schätzten. Also hielt es die Herrschaft nicht lange dort und ab ging es nach Wien.
Seither ist Wien Hauptstadt von Ostarrichi.
Quellen: Geschichtsbücher aus Österreich und Sagen aus der Wachau.
Das Bild: Rueland Frueauf (ca. 1470-1545) „Auszug des Hl. Leopold auf die Jagd“. Klosterneuburg, Leopoldaltar.
Karl Walchshofer
Im Mai 2016 verstorben