„Alle Menschen sind bestechlich“, sagte die Biene zur Wespe.
Liebe Honig- & Bienen-Freunde,
Noch bin ich mit dem Abfüllen und Etikettieren der Gläser nicht ganz fertig, aber es dauert nicht mehr lange – und heuer hat es sehr lange gedauert, aber dazu später.
Nachdem ich im Vorjahr 2 Völker verloren hatte, war ich heuer etwas nervös, als ich im Frühjahr die Zargen durchgesehen hab. Diese erste Durchsicht wird Frühjahrs-Revision genannt. Da schaue ich, wie stark die Völker sind, ob sie Futtermangel haben, ob die Königin Eier legt und ob der Bienenstock irgendwelche Krankheiten haben könnte. Diese Frühjahrs-Revision sollte man an einem recht warmen, sonnigen Tag machen, um das Volk nicht gleich einem Kälteschock auszusetzen.
Ab ca. 12 Grad beginnen die Bienen auszufliegen, um zu entkoten (Bienen sind sehr saubere Tiere: sie entleeren ihre Kotblase im Stock den ganzen Winter kaum – eigentlich nur bei Erkrankungen), ihre Orientierungsflüge zu machen und den Stock zu entmisten. Unter 12 Grad kann eine einzelne Biene kaum überleben, da sie klamm wird und es oft nicht mehr zum Stock zurückschafft. Als Volk (auch der Bien genannt) kann eine Bienentraube im Winter Temperaturen von deutlich unter -20 Grad kompensieren.
Aber zurück zu meiner Frühjahrs-Revision. Meine Nervosität wäre nicht notwendig gewesen. Alle Völker hatten überlebt: 4 von den 5 Völkern waren extrem stark und voll in der Brut, 1 Volk war ein wenig schwach, aber OK.
Durch den sehr warmen Frühling blühten viele Pflanzen deutlich früher als normal. Dadurch war Pollen und Nektar reichlich vorhanden und die Völker entwickelten sich überdurchschnittlich stark. Und bald schon entdeckte ich die ersten Weiselzellen. Was ist denn das schon wieder?
Oben habe ich schon vom Volk – dem Bien – gesprochen. Während die einzelne Biene alleine nicht überleben kann (außer es ist eine Solitärbiene – aber das ist eine andere Geschichte), kann man das gesamte Bienenvolk als eigenen Organismus verstehen, den man eben „Bien“ nennt.
Ein Bien kann sich selber erhalten, indem die Königin immer für frischen Nachwuchs sorgt. Aber irgendwann kann ein Volk auch eingehen: durch Futtermangel, Varroa, Krankheit, … Und daher muss sich das gesamte Volk auch vermehren. Und das macht ein Bienenvolk, indem es sich neue Königinnen züchtet und sich dann teilt. Eine neue Königin entsteht in einer besonderen Waben-Zelle, die grösser sein muss, weil ja auch die Königin grösser ist und Platz braucht. Und diese speziellen Zellen werden Weiselzellen oder Näpfchen genannt.
In den unteren Bildern ist eine Weiselzelle am unteren Rand der Wabe (links): das ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Schwarmzelle. Das bedeutet, dass sich das Volk teilen will. Im anderen Bild (rechts) ist die Weiselzelle in der Mitte der Wabe: das ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine sogenannte Nachschaffungs-Zelle. Da will das Volk die alte Königin ersetzen, weil sie zu alt ist oder abhandengekommen ist.
Wenn sich das Volk teilen will, verlässt die alte Königin mit einem großen Teil der älteren Arbeiterinnen (weil die schon flugfähig sind) das Volk und überlässt der Jung-Königin die alte Heimat. Dieses Verlassen ist ein großes Spektakel. Innerhalb von ein paar Minuten fliegen tausende Bienen aus dem Stock und sammeln sich irgendwo in der Nähe – meist auf einem Baum. Dort bleiben sie, bis die Kundschafter ein geeignetes neues Heim (Baumhöhle, …) gefunden haben. Dann beginnt das nächste Spektakel und die ganze Schwarm-Traube macht sich auf den Weg. Dazwischen vergehen oft nur ein paar Stunden – manchmal auch mehr als 1 Tag.
Wann entscheidet sich nun ein Volk, dass es sich als Organismus teilen will. Meist dann, wenn es ein Missverhältnis zwischen Volks-Stärke und Platzangebot im Stock gibt – wenn es zu eng wird, ziehen die Bienen halt aus (ist ja irgendwie verständlich).
Für den Imker ist ein Schwarm immer auch ein Verlust, weil ja viele Bienen weg sind. Dann gibt es weniger Honig und auch die Gefahr eines verbleibenden zu schwachen Volkes. Andererseits bedeutet ein Schwarm auch eine Verjüngung des Volks (neue Königin) und es ist eigentlich ein natürlicher Prozess. Es gibt als verschiedene Strategien, mit Schwärmen umzugehen.
- Gutes Raum-Management: wenn die Bienen rechtzeitig genügend Platz haben, ist der Schwarmtrieb stark gedämpft. Man vergrößert den Brutraum, indem man eine Zarge dazugibt. Allerdings werden dann die aufgesetzten Honigräume nicht so gut angenommen und der überschüssige Platz im Brutraum wird mit Honig vollgemacht („verhonigt“) – und diesen Honig kann man nicht ernten.
- Schwarmverhinderung: durch Ausbrechen der Weiselzellen kann man das Schwärmen verhindern. Das ist aus meiner Sicht brutal und erfordert – um erfolgreich zu sein – permanentes und genaues Arbeiten. Ich habe damit keine gute Erfahrung, weil irgendeine Schwarmzelle übersieht man (oder zumindest ich) immer
- Schwarm einfangen: Wenn der Schwarm einen neuen Stock „wild“ besiedelt, ist die Überlebens-Chance aufgrund der Varroa-Milbe und des fehlenden Imkers (der die Varroa-Belastung durch Behandlung reduziert) statistisch 2 Jahre. Also versuche ich manchmal, den Schwarm einzufangen und als neues Volk in einen neuen Bienenstock zu geben. Warum geht das nicht immer: Einerseits bin ich nicht immer im Waldviertel und so gehen Schwärme einfach ab, wenn ich nicht da bin. Andererseits sitzen die Schwärme teilweise über 15m in meinen Föhren und da kann ich einfach nicht sicher hinkommen und den Schwarm erfolgreich einfangen, ohne mich zu gefährden. Und dann gibt´s natürlich noch die Einschränkung durch mein vorhandenes Material, meinen Platz am Bienenstand und der Anzahl der Völker, die ich wegen der Arbeit maximal haben will.
Zurück zum warmen Frühling: durch ein frühes Überangebot an Pollen und Nektar entwickelten sich die Völker so rasant, dass sie einen unglaublichen Schwarmtrieb entwickelten. Normalerweise habe ich pro Jahr bei 5 Völkern 2-3 Schwärme – heuer waren es geschätzte 12! Davon haben wir 6 miterlebt. Der erste Schwarm, den ich eingefangen habe, war sehr freundlich: er sammelte sich in einem Strauch in 1 Meter Höhe und war quasi aus dem Stand ohne Leiter abzupflücken. Und er war riesig! Der zweite war in ca. 4m Höhe in einem Apfelbaum und deutlich kleiner. Also hatte ich heuer Anfang Mai schon 7 Völker. Die weiteren Schwärme waren zu weit oben und so musste ich sie ziehen lassen.
Aufgrund der weiterhin günstigen Bedingungen trugen 6 der Völker (der kleine Schwarm war noch zu schwach) schon früh viel Nektar ein und wandelten ihn in Honig um. So konnte ich im Mai seit 3 Jahren wieder reinen Blütenhonig schleudern, den ich in teilweise für Oxymel verwendete. Vom Rest rührte ich die Hälfte 3 Wochen lang zu wunderbarem Creme-Honig und die andere Hälfte gibt es als reinen Blütenhonig.
Das Jahr war weiter erfolgreich und die Bienen produzierten bis August Honig – diesmal fast reinen Waldhonig. Bis zum Schleudern dachte ich mir: endlich mal wieder ein super Bienenjahr ohne Schwierigkeiten.
Doch in den diversen Imker-Foren wurde vermehrt berichtet, dass dieses Jahr extrem viel Melizitose-Honig in den Waben ist. Melezitose ist ein Dreifachzucker, der aus zwei Molekülen Glucose und einem Molekül Fructose besteht. Generell gilt bei Honig: Ist der Glucose-Anteil höher als der Fructose-Anteil, kristallisiert er schneller aus. Der Melizitose-Honig wird auch Zement-Honig genannt. Er kristallisiert noch in den Waben und wird extrem hart. Daher kann man ihn kaum ausschleudern. Auch die Bienen können diesen Honig nicht mehr verwerten und würden im Winter bei vollen Honigwaben verhungern. Bei einer Kontrolle bemerkte ich nur recht wenig und machte mir vorerst keine Sorgen.
Aber beim Schleudern kam die Überraschung: der Anteil an Meliztose in den Waben war grenzwertig hoch. Sie ließen sich aber doch recht gut ausschleudern, allerdings verstopfte das Doppelsieb unglaublich oft und der Honig war dick und zähflüssig. Wunderbarer Geschmack – aber mühsam zum Ernten. Wir mussten andauernd die Siebe auswaschen, mit dem Kompressor trockenblasen und warten, bis das Sieb wieder verstopft war. Wenn mir nicht 4 unermüdliche zusätzliche Hände geduldig und (großteils) begeistert geholfen hätten, wären wir mit dem Ausschleudern sicher nicht am zweiten Tag fertig geworden. So war dann nach einem langen zweiten Tag um 22:00 der Honig geerntet und die Schleuder und alle anderen Utensilien gereinigt.
Normalerweise würde das Abfüllen in Gläser 1-2 Tage brauchen. Doch auch hier benötigte der dunkle Waldhonig mehr als 3x so lang, bis er durch das Filtertuch in die Gläser geronnen (bzw. getropft) ist. So war ich mit dem Abfüllen 3 Wochenenden beschäftigt, wo ich halt immer wieder auf Etappen ein paar Kilogramm abgefüllt hab.
Alles in allem war es aber trotz dem langsamen Schleudern und Abfüllen ein gutes, erfolgreiches Imkerjahr. Alle 7 Völker sind bereits aufgefüttert und gehen stark in den Winter.
Zum Abschluss noch eine Bitte in eigener Sache im Zusammenhang mit einer neuen Bedrohung der heimischen Bienen. Vor einigen Jahren wurde eine asiatische Hornissen-Art (Vespa Velutina) in Europa eingeschleppt, die Bienenvölker extrem aggressiv angreift und ein Volk innerhalb weniger Stunden vernichten kann.