Lege dich niemals mit einem Imker an. Er hat tausende Freunde, die dich verfolgen können.
Liebe Honig- & Bienen-Freunde,
das Bienenjahr neigt sich dem Ende zu und es wird wieder mal Zeit, zusammenzufassen, was geschehen ist.
Der Start ist ja immer die sogenannte FrĂŒhjahrs-Revision, bei der alle Völker durchgeschaut werden. Da die BienenkĂ€sten das erste Mal nach dem Winter geöffnet werden, wartet man dafĂŒr immer einen halbwegs schönen Tag ab, an dem es ĂŒber 12° hat. Denn ab dieser Temperatur fliegen die Bienen erstmals vermehrt aus, um ihre vollen Kotblasen zu entleeren, den MĂŒll und die im Winter gestorbenen Bienen zu entsorgen und sich neu einzufliegen bzw. zu orientieren. Also habe ich die Völker inspiziert, wobei es im Wesentlichen darum geht, die StĂ€rke des Volks nach dem Winter einzuschĂ€tzen, den Futtervorrat zu prĂŒfen und zu schauen, ob das Volk âweiselrichtigâ ist. Die âWeiselâ ist eine alte Bezeichnung fĂŒr die Königin; âweiselrichtigâ bedeutet, dass eine Königin im Volk ist. Das stellt man fest, indem man sie in den 1.000en wuselnden Bienen entdeckt (das schaffe ich fast nie, da hab ich echt ein Manko) oder wenn man die âStifterlnâ sieht (und da bin ich wiederum recht gut). Was sind aber jetzt âStifterlnâ? Das sind die 1-3 Tage alten Eier, die in den Waben sind â und die heiĂen so, weil sie sehr dĂŒnn und lĂ€nglich sind und meist alle in eine Richtung schauen. Und wenn âStifterlnâ da sind, dann muss auch eine Königin da sein, weil sonst macht niemand sowas đ
Nun, diese Inspektion war schon ein erster Tiefschlag: 2 starke Völker, aber leider auch 2 sehr schwache Völker â eigentlich zu schwach, um zu ĂŒberleben. Und in der letzten Zarge waren leider nur mehr wenige tote Bienen â verhungert oder erfroren â zu finden. Mit Ausnahme meines ersten Winters war das auch das erste Mal, dass ich ein Volk verloren hatte, was aber wiederum ein GlĂŒck ist, weil man immer mit ca. 20% Ausfall rechnen muss.
Mein Imker-Guru Max hat mir dann geholfen, mit einigen MaĂnahmen zu versuchen, die schwachen Völker aufzupĂ€ppeln. Wir haben die schwachen Völker mit einem Gitter auf die starken Völker aufgesetzt. So können sie von der WĂ€rme-Produktion des starken Volkes profitieren und viele Bienen des unteren Volkes verstĂ€rken auch das obere Volk. Damit nicht auch die Königinnen zwischen den Zargen wechseln können (die vertragen sich nicht so gut und wĂŒrden sich töten) ist das Absperrgitter dazwischen. Da können eben nur die Arbeiterinnen durch, aber die Königin ist zu dick. Durch diese MaĂnahme wird natĂŒrlich auch das starke Volk geschwĂ€cht, da es Bienen nach oben verliert.
ZusĂ€tzlich haben wir noch je 1 Brutwabe von den stĂ€rkeren in die schwĂ€cheren Völker getauscht, damit dort in KĂŒrze mehr Bienen zur VerfĂŒgung stehen, um die Zarge zu wĂ€rmen, die Brut zu pflegen und spĂ€ter Pollen, Nektar und Wasser zu sammeln. Normalerweise (lt. Theorie) soll man die beiden MaĂnahmen (oben aufsetzen und Brut-VerstĂ€rkung) nicht gleichzeitig machen, da so die starken Völker doppelt geschwĂ€cht werden und nicht mal sicher ist, ob die so unterstĂŒtzten Völker ĂŒberhaupt ĂŒberleben.
Aber ich habe mich nach RĂŒcksprache mit Max fĂŒr dieses Risiko entschieden. Und dann gleich noch einâs draufgesetzt: Nach 2 Wochen habe ich die Völker wieder getrennt, aber die PlĂ€tze vertauscht. Die schwachen Völker standen jetzt am Platz von den starken und umgekehrt. Warum das? Ganz einfach: so sind die Flugbienen der starken Völker ausgeflogen und bei der RĂŒckkehr von ihren SammelflĂŒgen zu ihrem vermeintlichen Ursprungsvolk zurĂŒckgekommen, wo aber jetzt das schwache Volk stand. So habe ich auch noch einen groĂen Teil der Flugbienen in die schwachen Völker bekommen.
Und so nebenbei habe ich noch einen Ableger gemacht, um das verlorene 5. Volk zu ersetzen â also wieder 2 Brutwaben der starken Völker verwendet, um ein neues Volk zu grĂŒnden.
Im schlimmsten Fall hĂ€tten alle MaĂnahmen den schwachen Völkern nicht genutzt (unwahrscheinlich bei so vielen Varianten) und gleichzeitig die ehemals starken Völker zu sehr geschwĂ€cht (eher wahrscheinlich) und der Ableger hĂ€tte sich selbst keine neue Königin gezogen. Im besten Fall hĂ€tte ich durch diese unerwartete Arbeit 4 halbwegs starke Völker und einen Ableger mit Königin, der mir zwar heuer kaum Honig einbringt, aber dann halt nĂ€chstes Jahr.
Nun, es ist glĂŒcklicherweise der âbeste Fallâ eingetreten. Was aber waren die GrĂŒnde fĂŒr diese kritische Situation. Ich hatte im SpĂ€therbst voriges Jahr einen plötzlich auftretenden sehr hohen Befall mit der Varroa-Milbe. Daher habe ich meine damals alle sehr starken Bienenvölker 2x knapp hintereinander mit Varromed behandelt, einer Mischung aus Ameisen- und OxalsĂ€ure. Es war das erste Mal, dass ich dieses recht neue Kombi-Mittel verwendet habe und ich habe es möglicherweise zu stark dosiert â also mein Fehler. Aber wahrscheinlich war es nicht nur das.
Seit einiger Zeit hörte ich auch, dass manche Völker nicht mehr in eine brutfreie Phase gehen, in der die Königin im Winter fĂŒr 6-8 Wochen keine Eier legt. Das wĂ€re insofern wichtig, weil sich die Varroa-Milbe in der Brut der Bienen vermehrt â und wenn es keine Brut gibt, schaut die Milbe durch die Finger. Diesen Winter glaube ich, dass meine Völker erstmals alle durchgebrĂŒtet haben. Der Grund dafĂŒr ist, dass die Winter immer milder werden. Das hat sie indirekt durch hohe Varroa-Last möglicherweise stark geschwĂ€cht. ZusĂ€tzlich gab es Februar 2 sehr warme Wochen, was die Bienen zum Ausfliegen motiviert hat: nur, es gab noch kaum Nektar und Pollen. Das hat die Völker wahrscheinlich auch geschwĂ€cht, weil viele Bienen dann doch wegen der KĂ€lte nicht zurĂŒckkommen bzw. das Fliegen und Suchen Energie kostet. Und dann werden die FuttervorrĂ€te vielleicht doch zu wenig. Und wenn ein Volk durch Varroa-Behandlung, DurchbrĂŒten, Varroa-Last, frĂŒhes Ausfliegen geschwĂ€cht wird, kann es irgendwann die Temperatur im Stock nicht mehr halten und die Brut entwickelt sich nicht bzw. die Bienen werden klamm und erfrieren.
Wenn irgendwer also Zweifel an Auswirkungen der KlimaerwĂ€rmung hat: fragt die Bienen und wenn die nicht antworten, dann fragt den Imker: spĂ€te und milde Winter, frĂŒhzeitige Warm-Perioden im Februar, ⊠sind Effekte, die offensichtlich das in 50 Millionen Jahren evolutionĂ€r entwickelte Verhalten der Bienen durcheinanderbringen.
Der weitere Verlauf des Jahres war unauffĂ€llig: ich hatte 4 ausreichend starke Völker und einen Ableger, der sich zu einem tollen Jungvolk entwickelte. Bei den Kontrollen bemerkte ich aber, dass die Anfang Mai aufgesetzten HonigrĂ€ume nicht, wie gewohnt, voll wurden. Die erste Ernte war dann mit ca. 40 kg ganz OK, aber doch deutlich unter dem Vorjahr. Ein möglicher Grund: der FrĂŒhling war sehr warm und so reduzierten sich die Wochen der Tracht (dem BlĂŒhen der Nektar- und Pollen-Pflanzen), weil alles gleichzeitig blĂŒhte. Damit fehlte den Bienen die Zeit, kontinuierlich Nektar einzutragen.
Also hoffte ich auf die zweite Ernte und Waldhonig. Wie auch schon letztes Jahr hab ich die Ernte eher spĂ€ter angesetzt, weil ich auf spĂ€ten Waldhonig gesetzt habe (und auf Urlaub war). Schon beim Einsetzen der Bienensperren (die erleichtern das Ernten 2 Tage spĂ€ter) hab ich am Gewicht der Honigzargen gemerkt, dass ich mit einer eher bescheidenen Ernte rechnen muss. Nach dem Entnehmen der Waben, Abkehren, Schleudern, Sieben kommt der groĂe Moment, wenn der Hobok-KĂŒbel auf die Waage gestellt wird: 26kg ⊠und das war wirklich enttĂ€uschend. Auch, dass es meinem Imker-Lehrer und anderen Imkern genauso erging, war nur ein schwacher Trost. Aber das Imkern ist ein Arbeiten mit der Natur und der Waldhonig hat heuer leider wieder fast zur GĂ€nze ausgelassen. Wenn ihr euch erinnern könnt, gab es heuer im Sommer einen extremen Pollenflug der NadelbĂ€ume. Statistisch gibt es den alle 7 Jahre aber heuer war er sehr massiv. Kundige Menschen deuten das als eindeutiges Stress-Symptom â vor allem der Fichte, quasi nach dem Motto: âich hab zu wenig Wasser, vertrockne ⊠und versuche nochmal, möglichst viele Nachkommen zu produzieren bevor es zu spĂ€t istâ. Daher standen die NadelbĂ€ume wenig âim Saftâ, was wieder einen Einfluss auf die LĂ€use hat, was wieder einen Einfluss auf die Bienen hat, was wieder einen Einfluss auf einen halbleeren Hobok-KĂŒbel hat.
Also: insgesamt 66kg Honig im Vergleich zu 140kg letztes Jahr. Aber ich werde weiter machen und versuchen, meinen Bienen zu helfen, stark und ĂŒberlebensfĂ€hig zu bleiben. Und ich werde mich auch ĂŒber geringe Mengen Honig freuen â denn es ist ein Geschenk der Natur.
Bis zum Winter geht es jetzt um das genaue Monitoring der Varroa-Last, Varroa-Behandlung (diesmal richtig dosiert), AuffĂŒttern, Putzen der Rahmen und Zargen (inkl. Propolis abschaben), Einschmelzen von Wachs, Creme-Honig rĂŒhren (ich hoffe, das gelingt heuer), abfĂŒllen, etikettieren, ⊠und erstmals Oxymel produzieren.
Ob der Creme-Honig heuer gelingt und was Oxymel ist: das steht dann in ein paar Wochen im Newsletter âbee-honeyâ
Andi
Vielen Dank fĂŒr diesen ausgesprochen informativen Artikel! Als Tochter eines Imkers (mittlerweile im Ruhestand) wecken Tracht, Absperrgitter und Weisel richtiggehend Kindheitserinnerungen! Da standen wir mit dem Löffel beim Schleudern daneben, um den frischen Honig ausfĂŒhrlich zu probieren…
Ich freue mich schon auf den nÀchsten Bericht!