Anno 1869 – Brunnenvergiftung

Das Vaterland, 8. Juli 1869

(Ueber die „Brunnenvergiftung“) in Pöbring wird uns geschrieben: „In Nr. 181 das „Vaterland“ kommt eine wahrscheinlich einem anderen Blatte (einem Linzer Blatt; d. R.) entnommene, die Wahrheit arg vergiftende Brunnenvergiftungs-Geschichte vor, welche, da sie ohne Zweifel das bedauernswerthe Ereigniß in „Pöbring“ (nicht Pölering) betrifft, nachstehender Berichtigung bedarf: Am 14. Juni d. J. Früh pumpte der Knecht des vom Orte, namentlich von der Kirche und Schule 10 Minuten entfernten Müllers St. Wasser; als er dieses milchartig und schäumend herausfließen sah, goß er es aus mit der Bemerkung, der Brunnen sei vergiftet. Da in der vorhergegangenen Nacht der Müller St. mit dem angrenzenden Hammerschmiede K. im Gasthause einen Streit hatte, Letzteren beschimpfte und ohrfeigte, so gewann obige Vermuthung an Wahrscheinlichkeit, besonders da der Hammerschmied seines Geschäftes wegen, wie bekannt war, Arsenik besaß. Die Untersuchung des Brunnens zeigte Schwefel-Arsenik in kleinen Körnern und Mehl, welch‘ letzteres auch an dem obern Ende der Brunnenröhre verstreut war. Wieviel Arsenik in den Brunnen geworfen wurde, läßt sich nicht leicht bestimmen; jedenfalls waren es aber nicht drei Händevoll. Dem Thäter hat Niemand zugesehen und dessen gerichtliche Aussagen sind noch Niemandem bekannt gegeben worden. Gegenwärtig wird das Zeugenverhör in Pöggstall beim k.k. Bezirksgerichte vorgenommen. Daß außer Arsenik noch Anderes in den Brunnen geworfen wurde, beweiset das milchartige, schäumende Wasser, indem Arsenik weder schäumt noch im Wasser sich auflöst. Uebrigens ist die Mühle, wie oben bemerkt, von der Schule zu weit entfernt, als daß dort die Kinder, welche gleich bei der Schule einen Brunnen mit gutem Wasser haben, ihren Durst löschen müßten, und der Brunnen zu weit von der Straße entlegen und versteckt, als daß bei demselben Schaaren von Wallfahrern – die dort nie vorübergehen – sich laben würden. Daß der Schmied am Vorabende schon Arsenik in den Brunnen gegeben habe, ist sehr gewagt ausgesprochen, da außer dem Müller und seiner Frau, welche am Samstag Abends vorher Wein mit etwas Wasser tranken, Niemand von den übrigen sechs Hausbewohnern, die bloß Wasser tranken, ein Unwohlsein verspürte.“

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Andrea & Robert Jiranek

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