(Neuigkeits) Welt Blatt, 27. Jänner 1914
Zigeunerplage
Aus Raxendorf bei Pöggstall wird uns gemeldet: Eine wahre Landplage für die bäuerliche Bevölkerung sind immer Zigeunerbanden, wenn sie plötzlich irgendwo auftauchen. So ließ sich auch kürzlich eine Zigeunerschar von über dreißig Köpfen mit fünf Wagen in Pöbring nieder und machte die ganze Umgebung unsicher; besonders waren es die Zigeunerinnen, die recht aufdringlich ihre Wahrsagerkünste anpriesen und um Lebensmittel in die einzelnen Bauernhöfe gingen, die sie aber meist unentgeltlich erhielten, da sich die Bevölkerung so am besten vor ihren Diebstählen gesichert weiß und dadurch am ehesten die eigentumsgefährlichen unliebsamen Gäste wieder anbringt. Als dann aber eine Gendarmeriepatrouille erschien, war das Wandervolk eiligst verschwunden und beglückte nunmehr unsere Gegend mit ihrem Besuch. Hierbei erlitt ein Zigeunerwagen einen Unfall durch Erkrankung des Pferdes. Als nun der Besitzer des Wagens in einem nahen Ort Hilfe holte, gingen wirklich in ihrer Gutherzigkeit mehrere handfeste Männer mit und halfen den unbespannten Wagen mit vieler Mühe durch den Schnee auf der steilen Straße bis nach Seiterndorf ziehen. Freilich ärgerten sich dann die von der Anstrengung ermüdeten und schwitzenden Leute nicht wenig, als in Seiterndorf vier Zigeunerinnen dem Wagen entstiegen, die sich solcherart gemütlich hatten befördern lassen. Die darüber laut gewordenen Schmeichelworte vermag der Berichterstatter hier nicht wiederzugeben.