Anno 1902 – Katers Fußreise

Kremser Volksblatt, 20. Dezember 1902

Pöbring. (Katers Fußreise) Am 9. Oktober ließ Hochw. Herr Josef Glanz seine Habseligkeiten per Wagen von Pöbring nach Kirchbach bei Rappottenstein bringen. Unter den Habseligkeiten befanden sich auch drei Katzen, davon ein zehnjähriger Kater. In Kirchbach wurden die Katzen freigelassen. Dem Kater behagte der neue Ort durchaus nicht und wurde von einem heftigen Heimweh ergriffen. Zurück, zurück nach Pöbring war sein einziger Gedanke. Aber der weite Weg von 10 Stunden, sage zehn Stunden, denn er so gut wie gar nicht kannte, machte ihm Kümmernisse. Mußte er doch die Herreise in einem undurchsichtigen Käfig machen. Trotzdem reiste er heimlich nach Pöbring ab. Vom Tage der Abreise bis zum Erscheinen des Katers in Pöbring verflossen 8 Tage, woraus zu schließen ist, daß er während dieser Zeit viel umhergeirrt sein wird. Aber nach Pöbring kam er doch. Es läßt sich leicht begreifen, daß der Kater bei seiner Reise viele Unannehmlichkeiten und Abenteuer zu bestehen gehabt haben werde. In Pöbring hat man den Kater liebevoll aufgenommen. Mildtätige Leute verschiedener Häuser deckten ihm den Tisch. Erst am 1. Dezember wurde Herr Spitzl, so heißt nämlich der Kater, in einer Sänfte über Pöbring nach Kirchbach getragen. Wie staunte er hier, als er sehen konnte, daß er unterdessen „Vater von 4 Kindern“ geworden ist. Hoffentlich wird ihm jetzt besser gefallen.

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Andrea & Robert Jiranek

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