Elektrisches Läutwerk und neue Glocke

Die Glocke soll genau 100 Jahre später, also 2019 durch eine neue Bronzeglocke samt elektrischem Läutwerk ersetzt werden.

Manchmal sind Zufälle verblüffend! Hatten wir ja schon vor 2 Jahren das Thema „elektrisches Geläut“ unserer Kapelle angesprochen, es damals aber abgelehnt. Dieses Jahr war es wieder auf der Agenda und ja, diesmal fand sich eine Mehrheit, die dafür stimmte. Bei den Vorbereitungen, also der Besichtigung des Geläuts, um die technischen Gegebenheiten abzuklären, machte Stefan, der sich dankenswerter Weise darum kümmert, eine interessante Entdeckung: Auf der Glocke steht gut sichtbar das Jahr 1919, also offensichtlich das Datum, an dem sie gegossen wurde. Das ist, ohne dass es wer ahnte, heuer das 100ste Jubiläum dieser Glocke unserer Kapelle (Kathedrale, wie sie von spöttischen Zungen hin und wieder genannt wird). Wenn das kein Grund zum Feiern ist, was dann? 100 Jahre Handarbeit finden ein Ende. Bei jedem Wetter kamen Vertreter unserer 6 Bauernhöfe jeweils 1 Monat lang, 3-mal täglich zur Kapelle, um sie erklingen zu lassen.

Glockenguß, oder Lied von der Glocke

Einigen von uns ist es vermutlich noch in Erinnerung geblieben, jenes Gedicht, das sie während ihrer Schulzeit auswendig lernen durften oder vielmehr mussten. 1799 schrieb Friedrich Schiller sein „Lied von der Glocke“ und begann es mit den bedeutungsschwangeren Worten:

„Festgemauert in der Erden
steht die Form, aus Lehm gebrannt
Heute muss die Glocke werden
Frisch, Gesellen! seyd zur Hand.“

So war unsere Gruppe der Einladung, beim Guss der neuen Aichauer Glocke dabei zu sein, gefolgt und hatte sich auf die Reise nach Passau gemacht. Gestern wurden diese Worte förmlich lebendig, denn die Methoden beim Glockengießen haben sich über die Jahrhunderte kaum verändert. Fast schien es, als hätten wir eine Zeitmaschine bestiegen. Welch beeindruckende Atmosphäre herrschte in dieser Halle. Kräftige Männer mit rußgeschwärzten Gesichtern lenkten die Bäche aus flüssigem Metall, es dampfte, rauchte und zischte, als die glühende Masse in Löchern im Erdboden verschwand um Tage später als vollendete Glocken hervorgeholt zu werden.

Der Meister demonstrierte an einer gerade eben fertig gestellten Glocke, Klanghöhe, -farbe und -dauer und erklärte die genauen Vorgänge bis es überhaupt erst zum Gießvorgang kommt. Überlieferung, Tradition, jahrhundertelange Erfahrung vereint mit moderner Physik ergeben ein vollkommenes Werk.

Abschließend machten wir uns auf in die Passauer Altstadt, einerseits um dort den Glockenschlägen zur Mittagsstunde zu lauschen und andererseits, um uns bei einem Bummel über den Christkindelmarkt zu stärken bevor es wieder Richtung Heimat ging.

Ein wirklich lohnender Ausflug. Wir sind schon sehr gespannt, ob alles gut verlaufen ist und wie unsere Glocke wohl einmal klingen wird.

Friedrich Schiller setzte sein Gedicht fort, mit den folgenden Worten:

„Von der Stirne heiß
Rinnen muß der Schweiß,

Tja, auch das durften wir erleben. Denn Robert und mir trieb es tatsächlich die Schweißperlen auf die Stirn und das gleich mehrmals, und das kam so:

Rechtzeitig waren wir in Aichau aufgebrochen, hatten Erna noch zu Hause abgeholt und Robert hatte auf meine Frage, wo wir denn hinmüssten, voll Überzeugung geantwortet: Nach Schärding.

Wir freuten uns, waren wir doch so rechtzeitig dort, dass wir noch eine kleine Runde über den Hauptplatz drehen konnten und uns in einer Konditorei einen Kaffee gönnten. Als wir gerade zahlen wollten, rief auch schon Roswitha an und fragte, wo wir denn blieben? Ich antwortete, wir seien ganz in der Nähe in einem Café und würden gerade zahlen, seien also gleich da.

Raschen Schrittes (Schweißperlen #1) näherten wir uns der Schärdinger Zweigstelle, die eher verlassen aussah. Ein weiteres Telefonat – diesmal mit Stefan – schaffte Klärung, wir mussten nach Passau!!!!!!! (Schweißperlen #2)

Also rasch zurück zum Auto (Schweißperlen #3) und ab nach Passau. Glücklicherweise gab es keine gröberen Verkehrsprobleme und so langten wir mit etwa 25 Minuten Verspätung bei der Gießerei ein. In förmlich letzter Minute betraten wir die Halle mit Schweißperlen #4 auf der Stirn, diesmal allerdings aus Verlegenheit. Aber wir hatten es rechtzeitig geschafft, um das Ereignis nicht auf Zelluloid, sondern ein modernes Speichermedium zu bannen.

Vielleicht haben aber auch die anderen Aichauer ein wenig geschwitzt, dass gerade die „rasenden Reporter“ aus Aichau dieses Ereignis versäumen könnten.

Picture of Andrea & Robert Jiranek

Andrea & Robert Jiranek

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